Raum für Inklusion im Arbeitsalltag finden

Wir haben es noch nicht geschafft, die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen zu verinnerlichen.

So sehr wir uns auch bemühen, das Thema ist in unserem Alltag nicht verankert und wir denken kaum darüber nach.

Foto von mehreren Mitarbeiter, die an ihren Computerarbeitsplätzen sitzen. Im Vordergrund steht ein Mann in angespannter Haltung, der auf etwas auf dem Monitor des Mannes neben ihm zeigt.

Es gibt dafür eine Erklärung: der Alltagstrott frisst uns auf. Der Druck auf der Arbeit und zu Hause nimmt uns in Beschlag und wir haben das Gefühl kaum Zeit für uns selbst zu haben. Wie sollen wir da Zeit haben für diejenigen, die weniger privilegiert leben als wir und uns um sie kümmern!

Zeitmangel und das Gefühl gestresst zu sein, sind ein großes Gift unserer Zeit, denn sie führen zu sozialer Isolation, Individualismus, Zynismus und Gleichgültigkeit.

„Ich bin eine Führungskraft, die Spitzenleistungen erbringen muss und die Talente und Stärken meines Teams maximieren muss. Wie soll ich dabei noch Platz in meinen Zeitplan und meinem Kopf schaffen, um Menschen mit Behinderungen einzubeziehen?“

„Ich bin ein Angestellter mit hoher Arbeitsbelastung, ich bin gestresst und man bittet mich an einer Fortbildung zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen teilzunehmen. Sie fragen mich, ob ich in dem Workshop etwas gelernt habe, ob ich anschließend neue Werkzeuge nutze und Veränderungen erreicht habe. Wie kann ich das bejahen, wenn ich den Kurs gerade erst beendet habe, zu meinen liegengebliebenen Aufgaben zurückkehre, immer noch gestresst bin, niemanden mit einer Behinderung kenne und in meinem Unternehmen niemand über das Thema spricht?“

Es ist für beide Seiten frustrierend. Denjenigen von uns, die versuchen das Thema in der Berufswelt zu verbreiten, stoßen auf moderaten Enthusiasmus, der bereits wenige Wochen nach den Workshops in Desinteresse und Vergessen übergeht. Und auch die Unternehmen, die an den Workshops teilnehmen oder Maßnahmen zur Inklusion durchführen, erleben ein anfängliche Begeisterung, die sich im Allgemeinen auflöst, wenn die Beteiligten merken, wie viel Zeit dies erfordert, wenn der alltägliche Druck die Inklusion auf der Prioritätenliste nach unten rutschen lässt und wenn die Beteiligten es leid sind, sich mit den starren Systemen der Unternehmensabläufe auseinanderzusetzen.

Wie können wir inmitten unserer täglichen Belastungen auf Inklusion schauen?

Wie Ludmilla N. Praslova erklärt, liegt der Trick darin, die Schnittpunkte von Inklusion in unsereren Arbeitsabläufen zu finden.

Ausgrenzung entsteht dort, wo es ein Gefühl von Ungerechtigkeit gibt, von Marginalisierung, wo sich jemand unterbewertet fühlt oder die richtigen Chancen erhält. Ausgrenzung tut weh, daher ist Ausgrenzung immer auch dort zu finden, wo jemand Schmerz empfindet, weil er oder sie sich nicht als Teil des Narratives der Organisation empfindet.

Wenn du einen Workshop zum Thema „Inklusion von Menschen mit Behinderungen“ besuchst und in deinem Unternehmen niemand, der mit einer Behinderung lebt arbeitet, ersetze einfach „Mensch mit Behinderung“ durch „Mensch, der nicht die gleichen Chancen erhält oder Bedeutungslosigkeit erfährt“.

Ich bin mir sicher, dass es in jedem Unternehmen eine Gruppe gibt, die unfair behandelt wird oder nicht die gleichen Chancen erhält. Als Führungskraft wie auch als Angestellter, ist alles, was wir tun müssen die Augen und Ohren zu öffnen für unsere Kolleg*innen. Bemerkungen, die Ungerechtigkeit oder Herabwürdigung anzeigen finden sich in den Fluren und Chatgruppen.

Diese Unterhaltungen sind großartige Gelegenheiten Inklusion zu praktizieren: aktives Zuhören, Empathie zeigen, Emotionen ausgleichen, Klarheit erzeugen, Kommunikation fördern, Sicherheit bereiten und sogar Verbündete sein; dies sind die Schnittpunkte, die wir finden müssen, um Inklusion in unseren Arbeitsalltag zu integrieren.

Es gibt keine Entschuldigungen. Die Frage ist, bin ich bereit für einen Moment nicht an mich zu denken, sondern mich mit den Menschen um mich herum und ihren Konflikten auseinanderzusetzen?

 

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