GAAD: Global Awareness Accessibility Day

Der 19. Mai ist der GAAD Global Awareness Accessibility Day (Welttag zum Bewußtsein für Barrierefreiheit)

Foto: Man sieht nur die Hände eines Mannes, der vor einem Laptop sitzt. Zusätzlich zu der Tastatur ist der Laptop auch mit einer Braillezeile ausgestattet.

Barrierefreiheit ist gelebte Inklusion. Worte, Reden, gute Absichten und Versprechen, die in konkrete Handlungen umgesetzt werden, die es historisch marginalisierten Gruppen von Menschen ermöglichen, an der Gesellschaft teilzuhaben.

Barrierefreiheit ist das Lebenselixier der Inklusion. Ohne den Zugang zur Teilhabe sind die Bemühungen um Vielfalt und Integration Formen ohne Substanz, Reden voller Emotionen und schöner Illusionen, aber leblos.

Ich erzähle euch ein Beispiel wie es mir, mit einer Sehbehinderung lebend, ergangen ist.

Als Kind, gab ich meine Hausaufgaben in Blindenschrift ab, was bedeutete, dass sowohl ich als auch meine Lehrerin extra Zeit aufwenden mussten, damit ich ihr meine Hausaufgaben vorlesen konnte.

Meine Mutter war diejenige, die ihre Nachmittage damit verbrachte, mir die Lehrbücher vorzulesen. Dann konnte ich meine Zusammenfassungen machen oder die Tests auf meiner lauten Perkins-Braille-Maschine beantworten.

Und so ging es bis zum Abschluss der High School.

Die große Wende kam, als ich auf assistive Technologien stieß und entdeckte, dass es einige großartige Hilfsmittel gab: Screen Reader, eine Vorleseanwendung, die verbalisierte, was auf dem Computerbildschirm erschien, und die es mir ermöglichte, durch Tastaturbefehle zu interagieren. Und OCR-Software (optische Zeichenerkennung), die gedruckte Seiten oder Bilder in Text umwandelt.

Im College habe ich alle meine Hausaufgaben auf Papier abgegeben und dabei diese Technologien verwendet. Ich habe die Lehrbücher selbst eingescannt und gelesen und die Aufgaben abgetippt. Die Professor*innen mussten keine zusätzliche Zeit für mich aufwenden, da meine Aufgaben für sie lesbar waren, und statt meine Prüfungen mündlich abzugeben - wenn jemand für mich lesen und meine Antworten abtippen musste - erhielt ich meine Prüfungen auf einem USB-Stick und beantwortete sie selbst auf meinem Laptop.

Das ist Barrierefreiheit: die Werkzeuge, die es uns ermöglichen, Barrieren zu überwinden, um eine vollständige und autonome Teilnahme zu erreichen.

In meinem Fall bestand das Hindernis darin, dass ich nicht wie sehende Menschen lesen konnte und dass ich keinen Computer benutzen konnte, weil ich den Bildschirm nicht sehen konnte.

Die barrierefreie Lösung war ein Screen Reader und eine OCR-Software. Und von diesem Moment an konnte meine Mutter darauf verzichten, mir jeden Nachmittag Bücher vorzulesen, ich legte meine Braille-Maschine für immer weg und die Lehrer*innen konnten aufatmen.

Die Autonomie und Teilhabe, die mir die barrierefreie Technologie ermöglichte, ging weit über den Bildungsbereich hinaus. Ich konnte die Bücher lesen, die ich wollte, und nicht nur die, die in Blindenschrift verfügbar waren, ich konnte meine eigenen Texte schreiben, ich hatte Zugang zu sozialen Medien, Blogs, Nachrichten- und Unterhaltungsportalen, und vielleicht am bemerkenswertesten ist, dass ich seit 2010 einen Fernarbeitsplatz bei DSE habe, was ohne barrierefreie Technologie unmöglich gewesen wäre.

Das Mantra der Barrierefreiheit lautet: Konzentriere dich auf das, was du ändern kannst, und ändere es.

Man kann nicht allen blinden Menschen das Augenlicht zurückgeben. Wie Einstein sagte: Wir können Probleme nicht mit derselben Denkweise lösen, mit der wir sie geschaffen haben. Mit anderen Worten: Die Lösung für Sehbehinderungen liegt nicht im Sehen, sondern in der Schaffung von Hilfsmitteln, damit auch blinde Menschen an der visuellen Welt teilhaben können. Die Lösung lag nicht in meinen Augen, sondern in einer Anwendung, die heute bereits auf jedem Smartphone vorhanden ist und die es mir ermöglicht, es genauso zu benutzen wie ihr.

Darin liegt die enorme Bedeutung der Barrierefreiheit. Behinderung - insbesondere dauerhafte Behinderung - kann nicht bekämpft werden, sie ist eine Lebensbedingung. Was wir jedoch abmildern müssen, sind die Barrieren, die Unzugänglichkeit schaffen und den Ausschluss von Gruppen wie Menschen mit Behinderungen aufrechterhalten.

Mit den richtigen zugänglichen Hilfsmitteln und einem ständigen Abbau von Barrieren kann ein Mensch mit einer Behinderung voll und ganz an der Gesellschaft teilhaben und sein Leben in Würde führen.